Fußball-Bund untersagt Nobel- und Kommerzclub von der Isar Mitnahme eigener Kabine und Dixie-Kloos ans Darmstädter Böllenfalltor/Bayern droht echtes Fußballerlebnis jenseits von Luxus und Sterilität/Darmstädter freuen sich schon und heißen Bayern in der "wahren Fußballwelt" willkommen/Rummenigge tobt und FC Bayern will Urteil anfechten/Darmstädter Fußballwunder geht weiter/Und was meint Privatier Hoeneß dazu?
Von Chefredakteur Siegfried Richter
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Der FC Bayern steht vor großen
Herausforderungen: Die Kabine
des SV Darmstadt 98 wartet
(Foto: PD) |
Darmstadt/Frankfurt. Scheinbar wachsen auch für den deutschen Renommierclub Bayern München, der in der abgelaufenen Bundesliga-Spielzeit zum gefühlt tausendsten Mal ohne größere Regung seiner vielen rein ergebnisorientierten "Fans" die Deutsche Meisterschaft "gefeiert" hat, die Bäume nicht in den Himmel. Die luxusverwöhnten Neureichen von der Säbener Straße, die unter Manager Uli Hoeneß in den letzten Jahrzehnten den schlagenden Beweis erbracht haben, dass Fußball auch ohne Authentizität, echte Tradition und Fankultur erfolgreich sein kann, werden vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) jäh gestoppt. Durch den sensationellen Bundesliga-Aufstieg des kleinen Traditionsvereins SV Darmstadt 98 drohen dem Rekordmeister und seinen Spielern beim Auftritt im altehrwürdigen sowie infrastrukturell maroden Stadion am Böllenfalltor Kabinen ohne schalldichte Wände und individuell verschließbare Tresore für die Wertsachen. Auch goldene Wasserhähne und römische Bäder zur Entmüdung, wie sie die Münchner von ihrem Trainingsgelände und Stadion her selbstverständlich kennen, sucht man in Darmstadt vergebens. Dem Ansinnen der Bayern, eine eigene mobile Luxuskabine mit marmornen Waschbecken und mit von grünen Smaragden liebevoll verzierten Dixie-Kloos zum Auswärtsspiel mitzubringen, haben die Verbandsverantwortlichen in Frankfurt am Main nun eine klare Absage erteilt. "Ich glaube es hackt, wo leben wir denn", reagierte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach in Absprache mit den Funktionären der Deutschen Fußball-Liga (DFL) unwirsch und abweisend. "Die sollen sich gefälligst anpassen und nicht so rumjammern", fügte der Verbandschef hinzu. An diese kritischen Töne aus der Zentrale des DFB gegenüber seinem "Aushängeschild" muss sich der geneigte Fußballfan erst gewöhnen. Während die Darmstädter und ihre Fans sich bereits auf das Duell "David gegen Goliath" freuen und den FC Bayern in der "wahren Fußballwelt" namens "Wirklichkeit" willkommen heißen, zittern die Eleven Gottes vor Angst und Empörung.
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Der SV Darmstadt 98 freut sich schon
auf den Besuch der verwöhnten Weich-
eier aus München (Foto: Atteri,
Lizenz: CC BY-SA 3.0) |
Die Hessen kündigen einen Kampf mit Blut, Schweiß und Tränen an, die am 5. Spieltag als Gäste im Südhessischen antretenden Bayern wollen dieses Urteil nicht akzeptieren. "Das ist eine Beleidigung und Unverschämtheit von Darmstadt und dem DFB", tobt Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und wittert einen "offenen Eklat". Die Würde seiner Spieler sei durch die "mittelalterlichen und so nicht hinnehmbaren Verhältnisse" im Darmstädter Stadion angetastet, die eher an die hygienischen Zustände im alten Rom erinnerten. Noch ehe die neue Saison angepfiffen ist, droht somit der deutschen Eliteliga ein handfester Skandal. Fragen über Fragen stellen sich in diesem Zusammenhang: Tritt Bayern überhaupt an? Könnte es für Schweinsteiger und Co. eventuell eine Ausnahmegenehmigung geben, sich bereits im Flugzeug oder im Mannschaftshotel umzuziehen? Und wo soll dann die Mannschaftsbesprechung stattfinden? Was, wenn die goldenen Uhren der Bayern-Spieler am Böllenfalltor geklaut werden? Und was, wenn die "Lilien" den ach so ruhmreichen FC Bayern ohnehin abschießen und vom hohen Ross stürzen, mit und ohne goldene Wasserhähne? Und was sagt eigentlich Uli Hoeneß dazu, der als "Oberguru" zuletzt bei seinem Aufenthalt in der Festungshaftanstalt Landsberg auch die "harte Schule des Lebens" am eigenen Leib erfahren musste? Unterdessen geht das "Darmstädter Fußballwunder" weiter. Nach dem sensationellen Durchmarsch der 98er von der dritten bis in die erste Bundesliga sind die Fans euphorisch und schließen für die Zukunft nichts mehr aus.
Darmstadt und DFB verteidigen Böllenfalltor als Spielort/FC Bayern will notfalls Weltsicherheitsrat anrufen und denkt über Boykott nach
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Gehen die Bayern nach
Karlsruhe, um nicht nach
Darmstadt zu müssen?
(Foto: PD) |
Während der SV Darmstadt 98, der in den nächsten Jahren ein neues Stadion bekommen wird, seine traditionsreiche Spielstätte am Böllenfalltor verteidigt und vom DFB trotz mancher Auflagen die Spielgenehmigung für die kommende Saison in der höchsten Klasse erhalten hat, liegen in München die Nerven scheinbar blank. "Man kommt sich ja vor wie auf einem anderen Planeten", überkommen Vorstandsboss Rummenigge dunkle Ahnungen, wenn er an die Kabinen und sanitären Einrichtungen in Darmstadt denkt. "Unsere hochwohlgeborenen Prinzen sind das nicht gewöhnt und haben pure Angst", fügt der einstige Nationalspieler hinzu. Der Verein, der sich nach Überzeugung aller echten Fußballfans mindestens seit dem Zweiten Weltkrieg nur über Titel, Stars und Geld definiert, kündigt einen Gang durch sämtliche Instanzen der Sportgerichtsbarkeit an. "Wenn alle Stricke reißen, gehen wir vors Bundesverfassungsgericht oder rufen sogar den Menschengerichtshof der EU oder den Weltsicherheitsrat der Uno an", gibt sich Rummenigge kämpferisch und will die "unerhörte Zumutung" nicht akzeptieren. Auch ein Boykott unter Verzicht auf die drei Punkte sowie der Hinnahme einer Geldstrafe durch den Verband wollen die "Roten" möglicherweise ins Auge fassen. "Wir schließen zum jetzigen Zeitpunkt nichts aus", bläst auch Sportdirektor Matthias Sammer, was auch immer der eigentlich in München macht, ins gleiche Horn. Somit sind juristische Auseinandersetzungen bis in die Anfangsphase der neuen Spielzeit zu befürchten.
Angsthysterie bei Spielern des FC Bayern: Schweinsteiger, Robben und Ribery bangen um ihre goldenen Armbanduhren und wollen nicht kalt duschen/Gerland fürchtet "authentische Fangesänge und echte Stimmung"
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Teile der Mannschaft des FC Bayern
nach einem Besuch in einem Edelbordell
(Foto: Richter/KA) |
Wie erst jetzt bekannt wurde, bangen zahlreiche Stammspieler und Spitzenverdiener des FC Bayern um ihre Wertsachen, darunter goldene Armband- und Taschenuhren im Wert von mehreren hunderttausend Euro. "Bei diesen Zuständen, so ganz ohne Tresore, sind doch dem Diebstahl Tür und Tor geöffnet", verkündet etwa Bastian Schweinsteiger mit ängstlicher Stimme und sieht dem Gastspiel der Münchner in Darmstadt mit mehr als gemischten Gefühlen entgegen. Auch die internationalen Starspieler Arjen Robben und Franck Ribery wollen "solche sicherheits- und hygienepolitischen Erfahrungen" lieber nicht machen. "Das ist ja schlimmer als beim Bund, ich dusche mich doch nicht eißkalt", spricht etwa Torhüter Manuel Neuer das Dilemma an, das die gesamte Mannschaft vor sich sieht. Schon macht das Wort vom Boykott die Runde. In einer ersten Probeabstimmung sollen sich, wie Insider erfahren haben wollen, bis zu 115 % der Spieler dafür ausgesprochen haben, auf die drei Punkte in Darmstadt zu verzichten. "Das holen wir doch im Laufe der Saison wieso wieder rein", meint der aus der Darmstädter Gegend stammende Sebastian Rode und verweist auf die großen Punktabstände zur Konkurrenz, mit denen die Bayern zuletzt Meister wurden. Bei Rode, der nach wie vor ein enges Verhältnis zu seiner hessischen Heimat hat, ist allerdings nicht auszuschließen, dass er den Darmstädtern die Punkte im harten Abstiegskampf, der den "Lilien" bevorstehen dürfte, dringender wünscht. Während zahlreiche Spieler die fehlende Infrastruktur bzw. marode Substanz in den Darmstädter Kabinen fürchten "wie der Teufel das Weihwasser" (Zitat des gläubigen Katholiken und Trainers Pep Guardiola), sehen insbesondere die großgewachsenen Innenverteidiger um Boateng der drohenden Enge skeptisch entgegen. "Da sind ja bei uns in München die Toiletten größer als hier die ganze Kabine", spielt der Nationalspieler auf die kleinen Räumlichkeiten an und äußert die Angst davor, sich möglicherweise in der Halbzeit den Kopf anzuschlagen. Überhaupt scheinen die Nerven innerhalb des Starensembles von der Isar, das mit National- und Weltklassespielern gespickt ist, blank zu liegen. "Mit jedem Tag, den das Spiel näher rückt, bangen wir mehr", lässt sich auch Assistent Herman Gerland, der eigentlich eher als nüchterner und hartgesottener Kerl aus dem Ruhrpott gilt, von den Angstzuständen der Profis anstecken. "Wer weiß, was da alles auf uns zukommt", fürchtet der Bochumer traditionelle und originelle Fangesänge oder echte Freude beim Torjubel der heimischen Zuschauer. "Das sind wir bei den vielen Kommerzclubs in der Bundesliga doch gar nicht mehr gewöhnt", fügt er hinzu.
Darmstädter Fans voller Freude über "historische Entwicklung" unter Trainer Schuster/ "Lilien-Fans" heißen FC Bayern "in der Hölle willkommen"/Schuster verspricht "Kampf bis aufs Blut"/Stroh-Engel empfiehlt Bayern, "dann halt einmal ungewaschen nach Hause zu fahren"/"Toni" Sailer kündigt noch längeren "Taliban-Bart" an, um Bayern zu erschrecken
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Nun auch wieder in den Stadien der
ersten Liga präsent: Transparente der
"Lilien" und ihrer Fans
(Foto: Richter/KA)
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Auf dem neuerrichteten Trainingsgelände am Böllenfalltor, das im Gegensatz zum erst noch zu bauenden bzw. zu sanierenden neuen Stadion schon bundesligatauglich genannt werden kann, tummeln sich während der Einheiten der 98er zahlreiche Fans der Südhessen, die den sensationellen Aufstieg immer noch nicht fassen können und seit Wochen aus der euphorischen Stimmung nicht herausfinden. "Uns zwingt keiner in die Knie", singt ein nicht mehr ganz junger Anhänger, der bei den beiden früheren Aufstiegen des SV 98 ins Oberhaus 1978 und 1981 schon mit dabei war und von seinem Vater noch die Erzählungen von ganz früher kennt, als die Darmstädter Fußballer nach dem Ersten Weltkrieg ins damals neu gebaute und als modern geltende Böllenfalltor gezogen waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg baute man das Stadion weiter aus und etablierte den Verein trotz mancher sportlicher und finanzieller Rückschläge und existentieller Krisen auch in höheren Gefilden. So gehörte man zweimal der Bundesliga an und spielte in der 2. Bundesliga immer wieder auch einmal ganz vorne mit. "Zwischendurch war es jahrelang ganz bitter", verweist der Fan auf schwere Zeiten mit unterklassigen Gegnern und wenigen Zuschauern. Und wieder singt er mit einer Mischung aus Freude und Wehmut sein "Uns zwingt keiner in die Knie" und meint damit neben dem Durchhaltewillen "seiner Lilien" im wechselvollen Auf und Ab der Vereinsgeschichte auch die aktuelle Spielweise und den Geist der Mannschaft unter Trainer Schuster. Seit der Verein nur durch den Lizenzentzug der Offenbacher Kickers im Jahre 2013 die Zugehörigkeit zur 3. Bundesliga bewahren konnte, geht es rasant bergauf. Beinahe für tot erklärte "altmodische Tugenden" wie Kampfgeist sowie Einsatz- und Laufbereitschaft fast bis zum Erbrechen und eine schier unglaubliche Moral führten gepaart mit taktischer Disziplin insbesondere in der Defensive und personeller und fußballerischer Weiterentwicklung des Potenzials zu einem nicht für möglich gehaltenen Durchmarsch innerhalb von zwei Spielzeiten bis in die 1. Bundesliga. Und das mit einem Mini-Etat im Vergleich zu scheinbar übermächtigen Konkurrenten wie Leipzig, Kaiserslautern, Düsseldorf oder Nürnberg. Mit dieser Leidenschaft soll nun das "Abenteuer Bundesliga" beginnen. "Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie", ruft sein kleiner Sohn, mit dem Trikot der Lilien "bewaffnet", dazwischen und schwenkt seinen blau-weißen Schal durch die Luft. "So ein schöner Tag, die Sonne scheint...", stimmt der Schüler das "Lilien-Lied" an. Schon eilen andere Fans herbei und stimmen ein: "Lilien, Oh Lilien, Oh Lilien, Oh Oh Oh". Und dann die Kampfansage an die Bayern: "Willkommen in der Hölle, Ihr Deutschen Meister", steht auf einem von einem kleinen Mädchen gehaltenen Schild. "Die haben das Geld und die Titel, wir haben noch die Seele des Fußballs", verkündet ein Rentner stolz und will selbst eine Teilnahme am Europacup in Zukunft nicht mehr ausschließen. "Only the sky is the limit", zitiert der pensionierte Englischlehrer das amerikanische Credo. Dass so etwas in der heutigen Zeit noch möglich ist, jenseits horrender Ablösesummen, für den Fan kaum noch nachvollziehbarer Etats und Perfektionswahn in den Stadien, mutet beinahe anachronistisch an. Aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Darmstadt sei Dank.
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Darmstädter Spieler (in Orange) gehen
nach einem Spiel zu ihren Fans
(Foto: Richter/KA) |
Nach den ersten Trainingseinheiten seiner Schützlinge gibt Trainer Schuster, der mit dem Saisonauftakt früher als alle anderen Bundesligisten begonnen hat und der nach den schwerwiegenden Abgängen von einigen Leistungsträgern nach Verstärkungen im Rahmen der Möglichkeiten des Vereins sucht, die Richtung vor: "Wir werden in Darmstadt jetzt nicht anfangen zu spinnen und gehen weiter unseren Weg", legt der Fußballlehrer besonderen Wert auf mannschaftliche Geschlossenheit und Teamgeist, Fitness und Laufvermögen. Die Grundlagen für diese Tugenden seien insbesondere in der Vorbereitung zu legen. Zudem gelte es, bei den Neuverpflichtungen fußballerisch und charakterlich passende Kräfte zu holen. Satte Stars und Abzocker haben in Darmstadt keine Chance, eher schon "hungrige" und zum Teil bei anderen Vereinen als "gescheitert" geltende Spieler, die sich noch einmal beweisen wollten. "Wir werden jedem Gegner einen Kampf bis aufs Blut und Messer liefern und sehen dann, ob wir die Klasse halten können", gibt der sympathische Vierziger die Parole aus. Seine Spieler wiederum ergänzen die Kampfansage des Trainers mit liebevollen Bemerkungen zum FC Bayern. "Wenn die nicht kalt duschen wollen, müssen sie halt ungewaschen heimfahren", grinst Torjäger Stroh-Engel voller Vorfreude, während sein Sturmpartner und Publikumsliebling Sailer sich zum Unwillen seiner Frau seinen langen "Taliban-Bart" noch länger wachsen lassen möchte, um als "Schreckgespenst der Bayern" zu dienen.
Und Hoeneß?
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Hoeneß bei einer Spendensammlung
für den FC Bayern in den frühen
70er Jahren (Foto: Richter/KA) |
Der hat sich nach eigener Aussage über den Überraschungscoup der Darmstädter gefreut. Selbst hartgesottene Fußballmacher also, die den Sport zum Geschäft erhoben haben, scheinen demnach noch so etwas wie ein "Herz für den Fußball" zu besitzen. So wie kleine Jungs, die das Spiel vielleicht an der Hand ihrer Väter für sich entdecken und sich noch frei von bloßem Kalkül und großem Geld richtig freuen können. Über das Spiel an sich, so wie es wohl vom Erfinder einmal gemeint war. Und wenn ein Außenseiter für ehrliche und konsequente Arbeit belohnt wird. So etwas wie ein "Urgefühl des Fußballs" gibt es noch. Selten, aber denn doch. Wer es sucht, möge es am Böllenfalltor in Darmstadt finden. Keinesfalls aber in München, Gelsenkirchen, Wolfsburg oder Leverkusen.
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