Donnerstag, 5. März 2015

Russland immer beliebter: Nationalisten und Internationalisten aller Länder, vereinigt euch!!!

Von unserem Chefredakteur Siegfried Richter
 
Linke Zuneigung zu Russland erfährt historische Ergänzung/Auch rechte Nationalisten entdecken jetzt ihre Liebe zu Russland/Unsichtbare rot-braune Koalition in Europa gewinnt Konturen/Putin fördert und fordert/Institut zur Förderung totalitärer Entwicklungen vermutet USA hinter Separatisten/Verschwörungstheoretiker machen Satirezeitungen Leben schwer 
 
Russlands Zar Putin der
Erste wird auch unter
Rechtsradikalen immer
beliebter (Foto: www.kremlin.ru)
Calau. Nach der Niederlage Hitler-Deutschlands im Zweiten Weltkrieg und dem Untergang des von der Sowjetunion angeführten kommunistischen Lagers um das Jahr 1989 herum ging ein Gespenst um in Europa: Die mit Hilfe der Amerikaner durchgesetzte "freie Welt" erhielt in der "Alten Welt" eine Filiale, von Nato und EU flankiert. Demnach sollten Demokratie und Rechtsstaatlichkeit das Leben der europäischen Völker und Nationen unter- und miteinander regeln. Angeblich war und sei dieser den universellen Menschenrechten und dem Völkerrecht verpflichtete "Humanismus" ohne Alternative. Nun aber ist ein ungeahndes Wetterleuchten am Horizont zu sehen, das Europa zu neuen Ufern führen könnte. Neben linken Internationalisten und ihrer Nostalgie für das östliche Riesenreich wächst mit der aktuellen Offensive von Russlands Präsident Putin in der Ukraine zur Neuordnung Mittelosteuropas auch unter rechten Nationalisten die Hoffnung auf eine Überwindung jener überkommenen Strukturen. Die demokratisch-bürgerliche und kapitalistische Welt, müde geworden und in den Netzen obsoleter libertärer Dekadenz gefangen, harrt einer kollektivistisch orientierten Erneuerung, die sozialistisch und nationalistisch daherkommt.


Russische Panzer sind wieder groß
in Mode (Foto: Richter/KA)
Obwohl das Oligarchenregime in Moskau mit Sozialismus so viel zu tun hat wie Hundefutter mit Kaviar, setzen sich Kommunisten und Posttotalitaristen von links in diesen "russischen Zug", egal wohin er fährt. Ihnen ist die Solidarität mit Russland seit der Oktoberrevolution in Fleisch und Blut übergegangen. Und jener sich gerade austobende russische Nationalismus, Imperialismus und Militarismus stört sie mindestens dann nicht, wenn das Feindbild stimmt: Der Westen. Die rechtsradikalen und rechtsnationalen Kräfte in ganz Europa wiederum lässt gerade der neue Nationalismus in Russland eine frische Morgenluft schnuppern, die selbst in diesen traditionell der russischen und slawischen Welt eher distanziert gegenüberstehenden Milieus Liebe und Begeisterung für Russland weckt. Schon erscheint eine "rot-braune Allianz" konkretere Formen anzunehmen. Motto. "Unterschiedliche ideologische Wurzeln, gemeinsame Feinde". Was gestern noch für völlig undenkbar gehalten wurde, erscheint nun möglich. Gleichsam ein Zweckbündnis, das zuletzt im Rahmen des "Hitler-Stalin-Paktes" praktiziert wurde, um den strategischen Interessen totalitärer Großmächte und ihrer imperialen Ansprüche zu genügen. Wen kümmern da schon die Freiheitsrechte jener kleinerer Nationen, die historisch zwischen diesen Blöcken "eingeklemmt" wieder einmal das Nachsehen hatten. Gerade Polen und Balten, aber auch etwa die Ukrainer waren es doch, die diesem sensibel austarierten Gleichgewicht der Kräfte und Mächte immer wieder "bockig" ihre Selbstbestimmungsrechte entgegengehalten haben. Russland selbst unterstützt neuerdings materiell wie ideologisch massiv die Kräfte in Europa, die diesen schwächlichen westlichen Werten wie Demokratie und Völkerrecht schon immer abgeschworen haben. Er fördert nicht nur Öl und Gas, sondern fordert auch unbedingten Gehorsam und Liebe. Wer dies bereit ist zu geben, dessen Schaden soll es nicht sein. Da die Propaganda bei diesem Unterfangen nicht hoch genug bewertet werden kann, entdeckt etwa das Institut für die Förderung totalitärer Entwicklungen unterdessen die wahren  Hintergründe des Konfliktes in der Ostukraine; Amerikanische Soldaten, von den US-Republikanern um den Senator John McCain beauftragt, haben vermutlich die Aktionen auf der Krim und im Donbass zu verantworten. Sie wurden in russische bzw. von Separatisten getragene Uniformen gesteckt, um dann vor der Weltöffentlichkeit Russland dafür anprangern zu können. Nicht auszuschließen ist daher sogar, dass Russland von den USA erfunden wurde, um als "Feindbild" für die Durchsetzung böser amerikanischer Interessen zu dienen, etwa der wahrhaft imperialistisch zu nennenden Verbreitung von Demokratie und Menschenrechten. Der Chefredakteur des Kalauer Anzeiger, Siegfried Richter, allerdings weißt darauf hin, dass angesichts der "Verschwörungsthesen" Russland nahestehender Medienorgane wie etwa der kommunistischen Jungen Welt in Deutschland die Arbeit der Satirezeitungen unnötig erschwert worden sei. So fragte die Junge Welt nach dem Mord am russischen Oppositionellen Alexander Nemcow allen Ernstes danach, wem dieser Mord nütze. Diese Frage suggeriert, dass der Westen davon profitiere, um Russland weiter kritisieren bzw. gegen Russland "hetzen" zu können. Auf die Idee, dass die nationalistische Hetze gegen Oppositionelle als "Volksverräter" und "Agenten des Westen" das Problem sein könne, kamen die Redakteure, deren Propagandalügen und Methoden für Russland und gegen die USA, die Nato und den Westen insgesamt dem nationalsozialistischen Blatt Stürmer durchaus zur Ehre gereichen würden, natürlich nicht. "Da mussten wir uns etwa mit dem Hinweis auf das Institut für die Förderung totalitärer Entwicklungen wirklich anstrengen, um das noch zu überbieten. Da sind selbst der Satire dann enge Grenzen gesetzt", fügt der auch dem linksextremen Lager sonst durchaus wohlgesonnene Richter hinzu.            

Dass weit links stehende Zeitgenossen und postkommunistische Bewegungen oftmals ein traditionell freundschaftliches, ja regelrecht enthusiasmiertes Verhältnis zu "Mütterchen Russland" und seiner seit der Großen Oktoberrevolution von 1917 linkstotalitären Tradition haben, ist nicht überraschend. Gleichwohl mutet es schon einigermaßen erstaunlich an, dass die Verbundenheit dieser Milieus mit dem Riesenreich so ungebrochen ist, obwohl der Menschensteinbruch Sowjetunion und das lieb gemeinte Experiment des Kommunismus ein paar Diktaturen und Leichenberge später auf dem wohlverdienten Müllhaufen der Geschichte gelandet sind. Aber wenn es um die Solidarität mit lieben alten Bekannten geht, ist auf diesen Teil der linken Weltbewegung Verlass. Da ist es dann eben nicht weiter schlimm, dass im heutigen Russland Wladimir Putins oligarchisch-reaktionäres Regime und seine reine Machtpolitik gegenüber kleineren Völkern den eigenen ideologischen Anforderungen nicht mehr so richtig gerecht werden. Also mit diktatorischen Strukturen und imperialistischer Außenpolitik (was für böse Begriffe im Zusammenhang mit Russland) hatte man zwar trotz manch kritischer Würdigung nie so richtige Probleme, aber diese Clique von Oligarchen, die da auf dem Öl und Gas sitzt.  Na ja, die reine Lehre des Antikapitalismus ist das nicht.Aber sei es darum. Hauptsache, es gibt wenigstens noch eine Kraft, die sich mindestens in Europa dem bösen westlichen Kapitalismus und seinen kleinbürgerlichen Zumutungen wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entgegenstemmt. Man hatte ja nach der Zeitenwende von 1989 die Hoffnung auf eine gesellschaftliche Alternative schon fast aufgegeben. Es lebe die revolutionäre Nostalgie!

Nun gesellen sich zu den Freunden Russlands erstmals in der neueren Geschichte auch dezidiert rechte Kräfte. Die Skala der Sympathisanten und neuen Liebhaber des "russischen Bären" reicht dabei von sogenannten "Rechtspopulisten" (AfD oder gar Pegida), die in unseren Medien eigentlich nur im Zusammenhang mit ihrer Kritik an der Finanzpolitik der EU und an Vorbehalten gegenüber dem Islam kritisiert werden dürfen, bis zu rechtsnationalistischen und rechtsradikalen Kreisen. Letztere stehen für gewöhnlich eher in der Tradition ihrer Väter und Großväter, die im Zuge des Zweiten Weltkrieges Millionen von Bürgern der Sowjetunion bzw. Russen das Leben genommen haben. Aber neue Herausforderungen erfordern neue Allianzen. So ändern sich die Zeiten. Russlandversteher allenthalben. Von H.C. Strache, dem Chef der österreichischen FPÖ, bis zu Marine Le Pen, der Vorsitzenden des Front National in Frankreich. Selbst deutsche Neonazis finden Russland mittlerweile "richtig toll". Auch jene, die nicht einmal wissen, wo Russland liegt und von der slawischen Welt ungefähr so viel wissen wie ein Kürbis vom Erdbeeren pflücken, stimmen in den begeisterten Chor ein. Da kommen die einflussreichen notorischen Russlandversteher und Antiamerikaner in unseren linkspolitisch korrekten Mainstreammedien, die sonst von diesen Gruppen als "Lügenpresse" oder "Handlanger der Systemparteien" bezeichnet werden, gerade recht. Da würde es mittlerweile nicht einmal mehr überraschen, wenn sich demnächst vielleicht sogar eine Einheit ehemaliger Stalingrad-Kämpfer zur Verfügung stellte, Russland im Kampf gegen die "faschistischen" Ukrainer beizustehen. Allerdings würden sich dann Faschisten und Faschisten gegenüberstehen. Es wäre also mithin ratsam, vorher noch einmal über den Begriff "faschistisch" nachzudenken. Dass eventuell gerade die russische Politik in Putins Reich die jenem Begriff verliehenen Eigenschaften aufweisen könnte, wurde mindestens von linken Russlandverstehern umgehend bestritten. Da kenne sich noch einer aus.             

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