Obszöne Witze und politische Ausrichtung beklagt/Mitarbeiter bis auf Chefredakteur angeblich längst tot/KA weist Vorwürfe zurück
Calau (naka). Das namhafte Satireblatt des Kalauer Anzeiger wurde in letzter Zeit mit einer von den Verantwortlichen so nicht für möglich gehaltenen Kampagne überzogen. Eine Flut von empörten Leserbriefen und ein Shitstorm im Internet überfiel die ahnungslose Redaktion und ihre Mitarbeiter, wie es hieß, "aus heiterem Himmel". Es könne nicht sein, so Chefredakteur und Herausgeber Siegfried Richter, dass ein "seriöses und über jeden Zweifel erhabenes Produkt des deutschen Qualitätsjournalismus" in dieser Art und Weise angegangen werde. So habe es neben den durchweg positiven Reaktionen vieler Leser und "ausgesprochenen Jubelarien" etwa in der Weltpresse ( siehe New York Times vom 14. August 2014) nach Neugründung der Zeitung vor gut einem Jahr auch immer wieder einmal "Anfeindungen" gegeben. Diese seien zuletzt in eine "regelrechte Schmutzkampagne und Schlammschlacht" gemündet. Moniert werden insbesondere zwei Dinge: Die "obszönen Witze", die sich gerade in letzter Zeit gehäuft hätten und in den Augen nicht weniger Leser "mehr als ein Ärgernis" seien. Zum anderen wurden die politischen Beiträge des KA in Frage gestellt. Angesichts der Art und Weise der Berichterstattung zu den Themen USA und Israel als "Lackmustest für die Glaubwürdigkeit einer linkspolitisch korrekten Sicht" bezweifelten Leser die vom KA selbst deklarierte "kritische Einstellung gegenüber den Vereinigten Staaten und Israel" und unterstellten das Gegenteil. Möglicherweise seien die Artikel "ironisch" gemeint und der KA stehe in Wirklichkeit für eine "dezidiert proamerikanische und proisraelische Haltung" und überhaupt für ein Weltbild jenseits "unabdingbarer linkspolitischer Korrektheit". Diese Verdächtigungen, die sich nicht etwa an klassischen sozialpolitischen Themen der Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie fest machen, sind keinesfalls neu und kommen auch nicht aus einem traditionell arbeitnehmerfreundlich oder sozialpolitisch engagierten Milieu. Sie konnten gleichwohl von Richter "glänzend widerlegt werden", wie Richter selbst nicht ohne Stolz bekannte. Ebenso die ständig vorgebrachten Vorhaltungen und Unterstellungen, der KA sei in Wirklichkeit gar nicht islamfreundlich, sondern islamkritisch bis islamfeindlich. Auch wurde die "versteckte Kritik" am Kommunismus und der Linkspartei moniert. Überdies merkte ein Kritiker an, dass sich die Autorenschaft des KA "augenscheinlich" aus bereits gestorbenen Persönlichkeiten bzw. "sogar" aus Tierbeständen oder Kaffeetassen rekrutierten. Auch dem widersprach Richter mit Verweis auf das Selbstverständnis des KA.
Stein des Anstoßes sei dabei vorwiegend die Veröffentlichung von mehreren "obszönen Witzen" gewesen, die als "primitiv und vulgär" eingestuft wurden. "Nicht wir sind in Wirklichkeit obszön, sondern das Leben. Wir zitieren nur das Leben", wehrt sich der KA-Chef insbesondere gegen Einwände aus kirchlichen Kreisen und stellte in Aussicht, mit diesem Gebaren fortzufahren. Viele Menschen hätten über die Gags, die vor sexuellen und erotischen Anspielungen nur so strotzten, sehr gelacht. Alleine in der Redaktion habe man sich "teilweise stundenlang" über die Pointen "fast totgelacht" und sich erst auf gutes Zureden von unbeteiligtem Hilfspersonal wie Putzfrauen oder einer Praktikantin zum Einlenken veranlasst gesehen.
Richter fühlt sich von der Kritik falsch verstanden und hat alle Hände voll zu tun, um die Missverständnisse auszuräumen (Foto: Richter/KA) |
Ein empörter Leser, der über die Witze des KA nicht lachen kann (Foto: Richter/KA) |
Darüber hinaus gab es möglicherweise heiklere Beanstandungen der Berichterstattung, die in den politischen Bereich hineinreichen. Hierbei gab es neben "wüsten Beschimpfungen aller Art aus allen möglichen politischen Himmelsrichtungen" auch zahlreiche Wortmeldungen "augenscheinlich verunsicherter Leser". Erstere geißelten den KA mitunter für seine "antiamerikanische, antizionistische oder linksradikale Haltung". Letztere wiederum fragten mit zum Teil "sorgenvoller Ahnung", die sich nicht selten in "helle Empörung" gesteigert hätte, wie denn etwa die "vermeintlich kritischen und einer linken Perspektive geschuldeten Beiträge" zu den Themenkomplexen USA, Israel oder anderen politisch-gesellschaftlichen Bezugspunkten zu verstehen seien. Von dieser Seite wäre "beinahe penetrant" die Vermutung geäußert worden, dass der Kalauer entsprechende Inhalte und Meinungen "ironisch verarbeite bzw. verzeichne" und mit dieser Methodik das Gegenteil des Behaupteten suggeriere. In Wirklichkeit, so diese Lesart, sei der Kalauer Anzeiger "vermutlich proamerikanisch und proisraelisch bis in die Knochen" und auch sonst "aller Wahrscheinlichkeit nach konservativ bis rechts". Dies gehöre sich für ein "dezidiert linkes Blatt", das sich selbst als "Speerspitze der linken politischen Korrektheit" begreife, nicht. Insbesondere wurde unterstellt, dass die "Behandlung des Themas Islam" den Verdacht nahelege, dass die Position des KA "islamkritisch und damit automatisch als populistisch bis rechtsradikal-rassistisch" verortet werden müsse. Richter wies die Anschuldigungen als "ungeheuerlich" zurück und verwies erneut auf die "absolut kritische Haltung des KA gegenüber den USA und Israel" und bekundete nicht zum ersten Mal seinen "großen Respekt vor wirklich allen Muslimen". Die politische Korrektheit sei "oberstes Gebot und ständiger Ansporn gerade unserer Zeitung". Der Vorwurf des Rassismus bzw. Rechtsradikalismus wollte Richter schon deshalb entkräftet sehen, weil es ihm nie einfiele, die "Errungenschaften der Aufklärung und der Universalität der Menschenrechte" zum Maßstab einer kritischen und grundsätzlichen Würdigung auch des Islam zu machen. "Das wäre Rassismus und wird ja wie auch der alltägliche Populismus gerade von uns gebrandmarkt", führte er aus. Wer kritisch gegenüber den USA und Israel eingestellt sei, der könne gar kein schlechter Mensch sein. Auch würden die Verantwortlichen des KA nie auf die Idee kommen, sich gleichermaßen negativ über die Linkspartei und die Verbrechen des Kommunismus auszulassen. "Wo kämen wir denn da hin", erklärte Richter solcherlei Ansinnen zum Tabu. Da werde insgesamt etwas von den Bedenkenträgern und Kritikern des KA in die Berichterstattung hinein interpretiert, was gerade einer Satirezeitung weder methodisch noch inhaltlich zustehe und dem Selbstverständnis des KA "zutiefst fremd" sei. "Nehmt uns doch für bare Münze", appellierte der engagierte Journalist an die geistigen und moralischen Fähigkeiten der Leser. "Wir wollen doch alle nur das Beste und ich habe Euch alle lieb ", schloss er seine Ausführungen.
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Stars and Stripes: Der KA verbittet sich, ihm eine Nähe zu diesem Symbol zu unterstellen (Foto: Richter/KA) |
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