Donnerstag, 23. Juli 2015

Der Chefredakteur spricht (6)

Gabriel entdeckt "alte Freunde" in Persien und die Liebe zu Kuba ist neu entflammt/Appeasement immer beliebter/Kommt jetzt der ewige Weltfrieden?
 
Am Horizont deutscher Außenpolitik zeichnen sich neue Silberstreifen ab, die eine allzu wörtliche und nachhaltige Auslegung der Menschenrechte im Sinne westlich-universalistischer Werte und Ideale durch eine großangelegte Friedensinitiative gegenüber Diktaturen insbesondere islamistischer und sozialistischer Provenienz ablösen. Auf diesen kulturrelativistischen Ansatz hat die Welt lange gewartet. Endlich wird eine halbherzige Politik aus "Zuckerbrot und Peitsche" durch konsequentes Appeasement ersetzt. "Hurra, wir kapitulieren", möchte man da mit dem Autor Henryk M. Broder jubeln.

Und alles aus Menschen- und Friedensliebe. Dass dabei die deutsche Wirtschaft, die es um des Geldverdienens schon immer mit allen und jedem gemacht hat, daran partizipiert und davon profitiert, sollte im Sinne neuer Aufträge und Arbeitsplätze nicht verschwiegen werden. Schließlich sind wir Exportweltmeister von Waren und Produkten, nicht von Werten. Diesen eigenartigen universalistischen Missionarismus für Freiheit und Demokratie in Wort und Tat überlassen wir lieber den US-Amerikanern. Und während nach dem sogenannten "Atomdeal" mit dem Iran die internationale Staatengemeinschaft einen "Kompromiss" gefunden und die Gefahr eines atomar bewaffneten Mullah-Regimes abgewendet zu haben glaubt, entdeckt der bundesdeutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im persischen Gottesstaat in rekordverdächtig kurzer Zeit "alte Freunde". "Gute Freunde kann niemand trennen", möchte man da vergnügt mit Franz Beckenbauer singen. Während also jede Kritik am Islam in Deutschland weiterhin als "populistisch und latent rassistisch" verortet wird und hier mit großem Mute Flaggen gezeigt und Exempel statuiert werden (siehe von Gabriel versuchtes Parteiausschlussverfahren gegen den langjährigen Sozialdemokraten Thilo Sarrazin), scheinen Israelhasser und Sponsoren des Terrors gegen die jüdische Zivilbevölkerung wieder hoffähig geworden zu sein. Wie sagte doch Kanzlerin Angela Merkel: "Die Sicherheit Israels gehört zur deutschen Staatsräson." Na ja, so ein bisschen halt in Sonntagsreden, aber auch nicht so wirklich.
 
Nur die störrischen und unbelehrbaren Israelis scheinen in diesen kleineren Widersprüchen noch Probleme zu sehen und trauen dem Frieden wieder einmal nicht. So was aber auch. Lernen die den nie aus ihrer Geschichte! Wer verfolgt und vernichtet wurde, sollte endlich jenen, die das Werk vollenden und ihren Staat vernichten sowie alle Juden ins Meer treiben wollen, mit unendlicher Friedensliebe und großzügigem Verständnis begegnen (siehe die jüngsten Aussagen des iranischen Religionsführers Khameini, der am Antizionismus festhält). Wir Deutsche machen es doch vor, obwohl man uns gar nicht vernichten und ins Meer treiben will, zumindest nicht so wie die Juden.  Unterdessen ist auch die weltweite Liebe zu Kuba, über Revolutionsnostalgiker und Altkommunisten hinaus, neu entbrannt. Selbst die USA, sonst Hauptgegner des Weltfriedens, dürfen sich da mal ein Sonderlob von vielen Linken abholen, auch wenn dort kaum naiver Friedensenthusiasmus regiert und der Pragmatismus andere Hintergründe hat. Und dass die bösen Republikaner Präsident Barack Obama für seinen Annäherungskurs tadeln und vor einem "Tappen in die Verständnisfalle" warnen, kann von uns besserwissenden Deutschen ohnehin nur mit einem ungläubigen Kopfschütteln bestaunt werden.  Für die deutsche Politik jedenfalls gilt das Motto: Von der "Friedensbewegung" lernen heißt Siegen lernen. Die Menschenrechte anmahnen, aber nicht ganz so ernst nehmen, wenn es darauf ankommt. Vor allem nicht gegenüber antiwestlichen Regimen, wenn sie muslimisch geprägt sind oder einen linken Anspruch haben. So wird ein Schuh daraus. Schließlich hat sich das Prinzip des Appeasement gegenüber Unrechtsregimen im Namen des "Pazifismus" historisch stets bewährt. Schon das "Münchner Abkommen" 1938 gegenüber Hitler-Deutschland hat hier Maßstäbe gesetzt. Also auf die Knie! Gehen wir in Vorleistung. Dann wird unser Entgegenkommen mit Wärme und Menschlichkeit belohnt. Dann sind das irdische Paradies und der ewige Friede nicht mehr aufzuhalten! Naivlinge aller Länder, vereinigt Euch! Und wehe, einer dieser Hardliner wie der israelische Premier Benjamin Netanjahu hält uns bei unserer heiligen Mission auf. Also lasst uns Opfer fordern, wohlgemerkt von den Israelis. Die sollen sich endlich mit ihren höllischen Nachbarn einigen und ihre Sicherheits- und Lebensbedürfnisse als einzige Demokratie umgeben von arabisch-muslimischen Feindstaaten und Völkern beherzt über Bord werfen. Woher denn all das Misstrauen? Also wirklich. So geht es doch nun wirklich nicht, nur weil es ein paar Angriffs- und Vernichtungskriege gegen sie und ihren Staat gegeben hat. Merke: Nur wer Frieden sät, wird Sturm ernten. Entschuldigung. Ich glaube, es war doch umgekehrt. Also bis bald im nächsten Frieden!
 
       Ihr Siegfried Richter       
 


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