Mittwoch, 15. Juli 2015

Hamburg verneigt sich: Bewegende Trauerfeier für geplatzte Ex-Prostituierte

70 000 Männer nahmen Abschied von Erna Hoppenstedt/Gesamte Kundschaft angeblich vollzählig erschienen/Prominente halten sich bedeckt/St. Pauli Nachrichten drucken historische Sonderausgabe
 
Von Hans Albers
 
Trauer im überfüllten Stadion für die
verstorbene Erna Hoppenstedt
(Foto: Richter/KA)
Hamburg. "An Tagen wie diesen ist die Welt unendlich weit." Diese Zeile eines Liedes kam einem unwillkürlich in den Sinn, wenn man der bewegenden, ja erregenden Trauerfeier für die kürzlich verstorbene ehemalige Prostituierte Erna Hoppenstedt (63) beiwohnte. Und nichts war tote Hose. Vielmehr gaben 70 000 Männer aus alten Alters- und Berufsschichten der bei einer Sexorgie geplatzten Nymphomanin (der KA berichtete) im völlig überfüllten Hamburger Stadion das letzte Geleit. "Erna hat uns Männer glücklich gemacht", sprach Pfarrer Emanuel Notnagel von der katholischen Kirche St. Saulus/Paulus den Anwesenden aus dem Herzen. Nach Auskunft eines Zuhälters des Rotlichtmilieus von St. Pauli, der aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht genannt sein will, waren alle ehemaligen Kunden des langjährigen Freudenmädchens gekommen, um "noch einmal zu kommen". Selbst kühnste Optimisten konnten gleichwohl nicht ahnen, dass eine solche Masse an Klientel sich ein letztes Stelldichein geben würde. Als zum Schluss der mehrstündigen Zeremonie das "Ave Maria" erklang, hörte man ein Schluchzen und Jammern auf den Rängen. Der tragische Tod der Erna H., die in den Bordellen rund um die Reeperbahn nach Aussage eines Nachbarn im Alter "keinen Stich" mehr bekommen hatte und sich zuletzt als Hobby-Dirne mit gelegentlichen privaten Orgien mit Rentnern ihre kärgliche Rente aufbesserte, muss demnach in der Szene ein unerhörtes Echo hervorgerufen haben. Die Trauerfeier, die vom Norddeutschen Rundfunk direkt übertragen wurde und aufgrund der vielen erschienenen Freier aus dem In- und Ausland und entlang verschiedener Religionen mehrsprachig und nach christlichem wie muslimischem Ritus abgehalten wurde, bewegte die Herzen und Hosen der Anwesenden. Warum Hoppenstedt so beliebt war und ihr nach dem Tode eine regelrechte Verehrung zuteil wurde, darüber kann nur gemutmaßt werden. "Die Erna hat es mit jedem getrieben und hat alles mitgemacht", interpretiert ein Stammkunde der ersten Stunde (89) die immense Anteilnahme. Nur Prominente hielten sich mit pietätvollen Bekundungen, möglicherweise aus Gründen der Imagepflege und öffentlichen Moral, zurück. "Ich habe die Dame nicht gekannt und möchte daher keine Stellung abgeben", ließ sich etwa Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ins Vernehmen setzen. Ähnlich äußerten sich Uwe Seeler (Fußball-Idol des HSV) oder der Komiker Otto Waalkes. Die St. Pauli Nachrichten dagegen, ein wieder aufgelegtes Fachmagazin aus einschlägigen Kreisen, plant eine umfangreiche und mit Hochglanzfotos der Verstorbenen ausgeschmückte Sonderausgabe, die schon jetzt noch vor ihrem Erscheinen als historisch benannt werden muss.                  

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