![]() |
Uli Hoeneß ist das Lächeln ver- gangen (Foto: Harald Bischoff, Lizenz: Creative Commons by- sa-3.0.de) |
München. Riesen-Wirbel um Uli Hoeneß. Dem einstmaligen Vorzeigemanager der Fußball-Bundesliga und Macher des FC Bayern droht nach dem Urteil wegen Steuerbetruges nun ein äußerst ungemütlicher Gefängnisaufenthalt. "Das wird die Hölle. Ich will da nicht rein", jammert der Straftäter, von dessen Selbstbewusstsein kaum noch etwas übrig geblieben zu sein scheint. Der durch Fußball und Wurst zu Geld und Ansehen gekommene Häftling in spe sieht sich härtester Behandlung seitens der Anstaltsleitung ausgesetzt und fürchtet zudem die Brutalität von Wärtern und Mitinsassen, deren Herz für die Münchner Löwen schlägt. Während die knallharte Hausordnung der bayerischen Justizvollzugsanstalt dem prominenten Gast bescheidenste menschliche Wünsche verwehrt, haben Fans des blau-weißen Stadtkonkurrenten der Bayern, die sich seit Jahren Hohn und Spott gefallen lassen mussten, "blutige Rache" angekündigt. Zudem warnt ein Historiker eindringlich davor, dass Hoeneß während seiner Landsberger Haft, die in nächster Zeit anzutreten sein wird, ein Buch schreiben könnte. "Das ist schon einmal schiefgegangen", beschwört der Wissenschaftler dunkelste Kapitel deutscher Geschichte herauf.
Diese Aussichten schrecken Hoeneß und seine engste Umgebung. Obwohl er immer ganz schön austeilen konnte, soll er sehr sensibel sein. "Ich habe so eine Angst um Uli", bekennt seine Frau, die von dem ehemaligen Nationalspieler während seiner langen Karriere ein ums andere Mal betrogen wurde. Aber in der Not steht man zusammen. Gleiches gilt für die Verantwortlichen, Mitglieder und Anhänger des FC Bayern. Der nicht ganz zu Unrecht als eine gelungene Mischung aus Papst, Mutter Teresa und Jesus Christus bezeichnete Hoeneß kann zwar nicht übers Wasser laufen, aber er hat den Bayern zahlreiche Spieler und Meisterschaften gekauft. Er ist der lästigen Konkurrenz immer wieder mutig über den Mund gefahren und hat sie entscheidend geschwächt. Während Fanclubs sogar schon an eine Gefangenenbefreiung denken, ereifern sich Vertreter des Vereins immer noch über das Urteil gegen ihren Spezi: "Ist das der Dank des deutschen Rechtsstaates", fragt der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. "Wegen eines eher zu vernachlässigenden Gewinnbetrages, den er scheinbar aus Versehen den deutschen Steuerbehörden jahrelang verschwiegen hat und ein
bisschen spät und schlampig in Form einer Selbstanzeige begradigen wollte, muss der arme Uli für sage und schreibe dreieinhalb Jahre einfahren", fühlt Ehrenpräsident und "Lichtgestalt" Franz Beckenbauer mit. "Amend fangt der Gerd deshoib wiada des Saufa o", sorgt sich Paul Breitner um seinen ehemaligen Spielerkollegen Gerd Müller. Die Bayern-Gemeinde ist immer noch tief getroffen von der Tatsache, dass man in Deutschland schon wegen ein paar Millionen verurteilt werden kann. "Wenn mir einer aus meinem Säckel 50 Euro stiehlt, würde ich ihm richtig schön eine naufhauen", bekennt ein treuer Anhänger, der schon vor dem Ersten Weltkrieg regelmäßiger Gast der Heimspiele war. "Aber was soll die Aufregung wegen nicht mal 30 Millionen", gibt der pensionierte Steuerfahnder das Rechtsbewusstsein vieler Fans wider. Und wahrlich, wahrlich: Selbst bei vorzeitiger Haftentlassung wegen guter Führung bzw. eines möglichen Statuses als Freigänger nach einem Jahr hätte Hoeneß für eine hinterzogene Million durchschnittlich noch bis zu zwei Wochen abzusitzen. Welch ein überhartes Urteil für so einen weichen Kerl. Da sind Zweifel am Rechtsstaat mehr als nur angebracht, wenn man weiß, dass Verkäuferinnen in Supermärkten, die mehrere Euro aus der Kasse entwendet haben, oftmals nicht einmal über eine Bewährungsstrafe hinauskommen.
Neben den unmittelbaren Umständen der Haft und den juristischen Fragen treibt etwa den renommierten Historiker Professor Michael Wolfssohn von der Bundeswehrhochschule München noch ein anderes, durchaus delikat zu nennendes Thema an. Geschichtskundigen dürfte bekannt sein, dass es schon einmal einen prominenten Gast in einem Landsberger Gefängnis gegeben hat. "Ich warne Herrn Hoeneß eindringlich davor, während seiner Haftzeit ein Buch zu schreiben", fürchtet Wolfssohn ähnliche Folgen wie seinerzeit in den 20er Jahren. Andere wiederum halten diese Angst für übertrieben. So meint der Berliner Historiker Arnulf Baring, man könne den Fall Hoeneß trotz aller Parallelen nicht mit dem Fall Adolf H. vergleichen. Besagter Adolf H. hatte damals einen ungestümen, sogenannten "Marsch auf die Feldherrnhalle" in München veranstaltet und war dann, nachdem er das Buch "Mein Krampf" im Gefängnis verfasst hatte, vorzeitig entlassen worden. Der Rest ist Geschichte und bekannt.
Als hätte man diesem Mann nicht schon genug angetan und dem größten Wohltäter in der deutschen Fußballgeschichte übel mitgespielt. Der von Anhängern und Verantwortlichen des ruhmreichen und über jeden Zweifel erhabenen FC Bayern München wie ein Heiliger verehrte, selbstlose und liebenswerte ehemalige Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende Uli Hoeneß bekommt neuen Ärger. Nur weil er läppische 28 Millionen Euro nicht ordnungsgemäß versteuert hat, erhielt er dreieinhalb Jahre Festungshaft in Landsberg am Lech. Neben dieser unverhältnismäßig hohen Strafe droht ihm jetzt auch noch ein vollständig freudloser Aufenthalt. Die Anstaltsleitung verweigert dem Delinquenten die Erfüllung einfachster Wünsche. Menschliche Wärme scheint ihr fremd zu sein. So darf Hoeneß, dessen Anwälte entsprechende Anträge gestellt hatten, in seiner kärglichen Zelle weder in Bayern-Bettwäsche schlafen noch ein Poster der aktuellen Mannschaft seines Herzens aufhängen. Allenfalls Bilder leicht bekleideter Mädchen sind erlaubt. Ein schwacher Trost für einen Fußballverrückten. Auch steht dem einstmals starken Mann des deutschen Fußballs kein Sky-TV zur Verfügung, so dass er von den nächsten Titeln der Bayern nur aus der Zeitung oder mit Hilfe lieblos zusammengestellter Fernsehausschnitte in einschlägigen Sportsendungen erfahren dürfte. Handys sind nur für Privatgespräche mit Frau oder Bankangestellten gestattet. Gerüchte, wonach der gebürtige Ulmer und um Ulm herum in einem lichtlosen Kellerverlies sein dürftiges Dasein fristen muss, konnten gleichwohl nicht bestätigt werden. Für Speis und Trank sorgt die Kantine. Einer Bitte von Hoeneß, ihm mittags jeweils ein gut durchgebratenes Rumpfsteak (so wie er es mag) von Maredo kommen zu lassen, wurde ebenso nicht entsprochen. Arbeiten wird Hoeneß in der hauseigenen Wäscherei, so wie man es aus US-Gangsterfilmen kennt. Pro gereinigter Trommel Wäsche (6 Kilogramm Weiß- oder Buntwäsche) in den modernen Waschmaschinen erhält er 20 Cent, was beispielsweise noch weit über dem Tagessatz des Sing Sing-Gefängnisses im Staate New York liegt. All dies überrascht Beobachter keinesfalls, da die Justiz im Freistaat Bayern für ihre entschiedene Härte und konsequente Auslegung entsprechender Richtlinien bekannt ist.
Schon drohen Wärter, die sich als Hooligans des TSV von 1860 München outen, mit Schlägen und Tritten. "Der kommt anders raus als er hier reingeht", freut sich ein fanatischer Fan der Löwen, der seinen Namen gleichwohl nicht genannt wissen möchte, bereits auf die Ankunft von Hoeneß. Der seit Jahren in den Tiefen der Zweitklassigkeit beheimatete Traditionsverein verfügt trotz längeren Misserfolges noch über viele Anhänger, gerade auch unter den Häftlingen. "Der weiß noch gar nicht, was ihm blüht", spricht der Vorsitzende des Fanclubs "60er hinter schwedischen Gardinen" offen aus, was viele denken. Dass der ehemalige Bayern-Boss die Knastmannschaft betreuen oder managen könnte, halten Beobachter für eine gefährliche Illusion der loyal zu Hoeneß stehenden Fans der Bayern, die im gleichen Trakt einsitzen. Mögliche Auseinandersetzungen der rivalisierenden Gruppen innerhalb des Anstaltsgebietes will die Wachmannschaft angeblich schon im Keim ersticken.
![]() |
Franz Beckenbauer im Kreis seiner Lieben (Foto: Immanuel Giel/PD) |
![]() |
Karl-Heinz Rummenigge hat Zweifel am Rechtsstaat (Foto: Harald Bischoff, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0.de) |
Neben den unmittelbaren Umständen der Haft und den juristischen Fragen treibt etwa den renommierten Historiker Professor Michael Wolfssohn von der Bundeswehrhochschule München noch ein anderes, durchaus delikat zu nennendes Thema an. Geschichtskundigen dürfte bekannt sein, dass es schon einmal einen prominenten Gast in einem Landsberger Gefängnis gegeben hat. "Ich warne Herrn Hoeneß eindringlich davor, während seiner Haftzeit ein Buch zu schreiben", fürchtet Wolfssohn ähnliche Folgen wie seinerzeit in den 20er Jahren. Andere wiederum halten diese Angst für übertrieben. So meint der Berliner Historiker Arnulf Baring, man könne den Fall Hoeneß trotz aller Parallelen nicht mit dem Fall Adolf H. vergleichen. Besagter Adolf H. hatte damals einen ungestümen, sogenannten "Marsch auf die Feldherrnhalle" in München veranstaltet und war dann, nachdem er das Buch "Mein Krampf" im Gefängnis verfasst hatte, vorzeitig entlassen worden. Der Rest ist Geschichte und bekannt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen