Kultregisseur Dull beim KA (Foto: Richter/KA) |
"Unterwegs" von Dexter Dull. Neuseeland 2014. Laufzeit: 234 Min.
Der Film "Unterwegs" ist eine Omarsch an die Gattung der Roadmovies aus den USA. Einfühlsam und doch sensibel führt der als intellektuell, introvertiert und äußerst mitteilungsbedürftig geltende Filmemacher den Zuseher mit auf eine Zugfahrt. Ort und Zeit sind beliebig. Die Kameraführung bleibt stets ruhig und unaufgeregt. Die Sequenzen laufen ab wie in einem Zeitraffer. Einerseits scheint die Zeit still zu stehen und die irdische Vergänglichkeit des Lebens scheinbar verzweifelt aufhalten zu wollen. Diese Melancholie nimmt den Betrachter mit auf eine schier endlose Reise, die schier endlos ist. Gleichzeitig aber spielt sich die nur angedeutete Ereignislosigkeit auf einer zweiten Ebene ab und mündet am Ende des eher kurzen Meisterwerkes in eine fulminante, wie ein ekstatisches Feuerwerk anmutende und alles mitreißende Finalszene. Überbordende Gefühle wechseln sich mit einer nahezu unübersehbaren Geschehensdichte ab und lassen die Augen des Betrachters, die über Felder schweifen, im gleisenden Licht neuer Bewusstseinsströme zurück. Der Rest ist Verwunderung und eine restlos überwältigende Stimmungsexplosion. Die stringente und zugleich strukturlos angelegte Handlung erweist sich zusammen mit der Kameraführung und ihrer perspektivischen Entwicklung als das, was sie ist: Eine meisterhafte Verarbeitung irdischen Denkens und Fühlens, eine intensive Auseinandersetzung mit dem unsagbaren Verlangen nach einer Verstetigung der Dinge, ohne dabei den emotional aufscheinenden Erlebnishorizont existentieller Menschlichkeit zu negieren. "Bravo", möchte man da dem Autor zurufen und ihm sagen: "Ja verdammt noch einmal, gibt es denn so was auch. "Ja", würde der so Angesprochene antworten, "so etwas gibt es auch". Wer den Film nicht gesehen hat, wird ihn nicht vermissen, weil er nicht weiß, was er verpasst hat. Größeres Kino war nie.
Fährt in seinen Meisterwerken eine intellektuell und künstlerisch scharfe Kante: Dexter Dull (Foto: Richter/KA) |
Dass der geniale Hobbykoch, der vor Jahren fast einmal an einem Leberwurstbrötchen in Bangkok erstickt wäre und eine schwere Kindheit (wog zeitweise über 100 Kilogramm) sein Eigen nennt, macht die biografischen Bezüge seines Oeuvres umso bedeutender. Daran kann auch die Tatsache nichts ändern, dass der Neuseeländer unrasiert, fern der Heimat, zu spät und mit offener Hose zum Termin in der Redaktion kam. Einem "schlampigen Genie" sei verziehen. Es lebe die Kunst.
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